Freitag 08. März 2019

WO´S ENG WIRD, SCHLACHTEST DU JEDE HEILIGE KUH!

Interim_Management_Blog_Foto_Juergen_Becker_Skulptur_Boboli_Garten_Florenz_2018„Das Provider-Geschäft ist sehr unschön geworden, Herr Becker“, eröffnete der Geschäftsführer des Providers unser Gespräch. Er ist seit gut zwei Dekaden im Markt tätig.

 

Nun, diese Aussage verwundert niemanden, der das Interim-Business kritisch beobachtet – und dessen Aufmerksamkeit nicht durch das Gift des eigenen Erfolges aus vergangenen Tagen gelähmt ist. Ich frage nach:

 

„Weshalb denken Sie das?“

 

„Die Entwicklungen sind in der Summe schon dramatisch, Herr Becker!“

 

„Welche Entwicklungen summieren sich, Herr Provider?“

 

„Zunächst, Herr Becker, ist das Geschäft rückläufig! China, die besonderen Verhaltensmuster des US-Amerikanischen Präsidenten, dann das Hick-Hack um den Brexit und natürlich die zahlreichen Baustellen im eigenen Land bilden eine Gemengelage, die nicht gut ist.“

 

„Dem stimme ich uneingeschränkt zu, Herr Provider!“

 

„Dann: Ich finde mich plötzlich regelmäßig im Wettbewerb mit zwei, drei anderen Providern wieder!“

 

„Das, Herr Provider, ist aber nicht neu!“

 

„Für mich schon, Herr Becker! Und in diesem Wettbewerb geht´s dann nur noch um die Preise …“

 

„Das sehe ich auch so!“

 

„Dann, das wissen wir beide, Herr Becker, ist der entscheidende Faktor in unserem Geschäft der Kundenzugang. Und folglich treten sichtbar neue Player in den Markt ein, die eben diesen Kundenzugang haben – vor allem Personalberater und Unternehmensberater. Da sagt dann der Kunde, „Wenn Sie Interim jetzt auch anbieten, dann machen wir das aufgrund unserer Geschäftsbeziehung natürlich gemeinsam mit Ihnen!“ – und wir Provider sehen dieses Geschäft nicht einmal mehr!“

Das Brot- und Butter-Geschäft bricht weg!

„Das ist richtig, Herr Provider, und genau deshalb sind Unternehmens- und Personalberater eine wichtige Zielgruppe für UNITEDINTERIM: Denn die haben alle keinen leistungsfähigen Pool!“

 

„Richtig. Und schließlich spüren wir das, was die Personalberater schon längst erleben: Das Brot- und Butter-Geschäft bricht weg! Hier fragt doch niemand mehr nach einem Controller! Den beschaffen die Kunden über eigene, digitale Kanäle selbst. Dem Controller ist das doch so was von egal, woher die Anfrage kommt: Hauptsache, sie kommt!“

 

„Ich weiß, Herr Provider. Weshalb auch sollte ein Kunde für ein solches Standard-Projekt die Providermarge zahlen – völlig unabhängig davon, wie hoch sie sein mag!“

 

„Wenn wir das alles zusammenfegen, Herr Becker, dann haben wir ein sinkendes Nachfragevolumen – bei steigendem Angebot – und gleichzeitig abschmierender Lead-to-Deal-Quote! Ganz großes Kino…!“

 

„Und was folgern Sie aus all dem, Herr Provider?“

 

„Ich bin davon überzeugt: Das Providergeschäft steht mitten in einem nie dagewesenen Umbruch. Wenn das Volumen rückläufig ist und gleichzeitig die Margen sinken, dann besteht akuter Handlungsbedarf auf der Kostenseite. Das ist doch keine „Rocket-Science!“

 

„Ich folge Ihrem Gedankengang, Herr Provider! Aber, was empfehlen Sie dann zu tun?“

 

„Sie müssen mit den Kosten runter! Schauen Sie sich also die größten Kostenblöcke an: Von einigen Providern abgesehen, wo auch die Büros richtig zu Buche schlagen, werden Sie bei den Mitarbeitern landen!“

 

„Nicht beim Pool?“

 

„Sicher, damit ist doch ein gehöriger Teil der Mitarbeiter beschäftigt!“

 

„Das ist aber die heilige Kuh im Provider-Geschäft!“

 

„Glauben Sie mir, Herr Becker,

 

Wo´s eng wird, schlachtest Du jede heilige Kuh!“

 

Kommentare

  • 01
    Alexander-F Haitz schrieb...

    Klasse Blogartikel, heute, Herr Becker!

    Überragend.

    Ich stimme diesem 100%ig zu!

    BG
    Alexander-F Haitz

  • 02
    Frieder Timmerbeil schrieb...

    m.E. wird diese Diskussion falsch geführt. Richtig ist aber, das die sog. „Massenanbieter“ in den IM-Markt drängen, bei dem es nur um den Preis geht; der klassische Freelancer oder Click Worker-Markt. Wobei bei den Interim Providern oder Boutiquen die Qualität im Vordergrund steht, bzw. hier ist klar, das man einen Mercedes nicht zum Golf-Preis bekommt, oder anders gesagt einen Manager auf C-Level zum Preis eines Projektleiters gibt es schlicht weg nicht.

    Für die IM-Provider stellt sich also eher die Frage, ob man diesen Etikettenschwindel mitmacht, oder sich eher auf die echten „Manager“-Vakanzen konzentriert. Jeder IT-Teilprojektleiter oder operative Einkäufer wird heute mit dem Zusatz „Interim Manager“ angepriesen und auf Stundenbasis (??) angeboten, bzw. nachgefragt.

    Und wer uns IM’ler in die Ecke der Freelancer einordnet, hat das Business eh nicht verstanden.

    Entscheidend ist doch, mit welchem Portfolio ein Provider an den Markt geht: Vom ANÜ, über Click Worker, Freelancer bis hin zum IM-ler auf Top-Management Ebene – das funktioniert nicht. Jeder brauch seine Nische und ist nur darin gut, was er wirklich kann. Bauchladenprinzip hat sich da bisher nicht bewährt – mach kann nicht alles gleich „sehr“ gut können.

    Keine Frage – Freelancer werden heutzutage in der sich immer schneller ändernden Arbeitswelt mehr benötigt, wie je zu vor. Wir brauchen Sie ! Aber Kunden müssen auch den Unterschied und Wert dahinter verstehen.

    Und zu guter Letzt: Was jetzt der Brexit, Donald Trump und China mit dem IM-Business zu tun hat .. helft mir, ich krieg den Link leider nicht hin.

    Fazit: Alles eine Frage der Platzierung am Markt. Ein Gemüsegeschäft sollte nur Gemüse verkaufen und nicht noch Delikatessen. Andersrum. Aus Kundensicht: Champagner kaufe ich im gut sortierten Weinhandel, für ne Büchse Bier reicht auch mal die Tanke.

    • 03
      Jürgen Becker schrieb...

      Danke für Ihren Kommentar, Herr Timmerbeil!

      Sie sprechen ja in weiten Teilen Ihres Beitrags die Positionierung an, die für die Provider (leztlich alle Anbieter) entscheidend ist. Dem stimme ich ohne jede Einschränkung zu. Es ist eine Übung mit überraschendem Ergebnis, wenn Sie sich sagen wir 20 Provider ansehen und deren Positionierung laut Website untereinander schreiben. Sie werden fast immer finden „Wir haben x-Tausend Interim Manager im Pool, handverlesen und wir kennen die alle“ sowie „Wir bieten Ihnen nur Interim Manager von hoher Qualität“ sowie alle denkbaren Ableitungen dieser Aussagen.

      Nach meiner Einschätzung ist das keine Positionierung, die die Kunden nachhaltig überzeugen wird. Ich bin davon überzeugt, dass die Provider sich vom Pool („Ich kenne alle Interim Manager) fortentwickeln müssen – hin zum Kunden-Berater („Ich verstehe meinen Kunden genau!“).

      Zum Champagner: Ich weiß, welchen ich bevorzuge und kaufe ihn vor Ort – und Online. An der Tanke habe ich noch nie gekauft. Ich bin sicher aber nicht typisch.

      Nochmals meinen Dank für Ihren Beitrag zur Diskussion.

      Gruß

      Jürgen Becker