Freitag 05. Februar 2016

ANGST ESSEN INTERIM MANAGER AUF!

Fotograf_J_Becker_fuer_MANATNET_Interim_Blog_Titel_Angst_essen_Interim_Manager_auf_kleinPrinzessin Lillifee traf einen Nerv! Das zeigen die Zugriffszahlen eindeutig – ich schreibe doch nicht für Orkus und seine Unterwelt! Und das freut mich natürlich.

 

Bemerkenswerterweise schließen sich mehr und mehr Kollegen meiner Einschätzung an: „Das wird ein schwieriges Jahr!“ Menschen mit weniger offensiver Prägung als der Minister der Finsternis benutzen hierfür gern die Formulierung „Das Jahr wird spannend!“

 

An den zwei Pfeilern meiner Einschätzung kommt halt auf Dauer niemand vorbei – und die haben kaum etwas mit der Flüchtlings-Situation zu tun:

 

Zunächst: Die deutsche Wirtschaft hat in den vergangenen Jahren einen epochalen Aufschwung erlebt. Dieser Aufschwung hatte viele Treiber – drei jedoch überragen alle andere bei weitem: Niedrige Zinsen, niedriger Ölpreis und ein niedriger Euro-Kurs. Jeder, der auch nur die Grundzüge wirtschaftlicher Zusammenhänge kennt, weiß, dass (1) die Wirtschaft in Zyklen verläuft und (2) der einem Lotto-Treffer nahe Gleichklang von niedrigem Ölpreis, niedrigen Zinsen und niedrigem Eurokurs nicht auf Dauer halten wird. Ein wirtschaftlicher Abschwung ist daher wahrscheinlich, ein wirtschaftlicher Einbruch möglich!

 

Dies jedoch ist eine Situation, vor der sich die Interim Manager nie fürchten: Ganz im Gegenteil! Erkennen die Unternehmen typischerweise dann, dass sie „unbedingt was machen müssen.“ Wenn da nicht der zweite Pfeiler wäre.

Scheinselbständigkeit ist kein neues Thema

 

So lange ich im Interim-Geschäft tätig bin, begleitet mich das Thema Scheinselbständigkeit. Und ja, ich habe bereits im Sommer 2013 einen Rechtsstreit verloren, weil der Richter entschied, dass der Interim Manager als Programm-Manager bei einem Automobilbauer „Angestellten-nah“ tätig gewesen sei. Aber hierzu gehört auch: Ein einziges Mal in 13 Jahren – und das skurrilerweise auch noch auf Betreiben des Interim Managers!

 

Also, so betrachtet, überhaupt nichts Neues!

 

Aber in der Zwischenzeit hat Andrea Nahles sich des Themas angenommen und wird Dinge, die bisher „Richter-Recht“ waren, ins Gesetzbuch schreiben.

 

Also, so betrachtet, überhaupt nichts Schlechtes!

 

Sicherlich ist die eine oder andere Regelung überzogen, denn wer glaubt ernsthaft, Interim Manager mit Tagessätzen oberhalb von 1.000 Euro durch staatliche Vorschriften schützen zu müssen? Folglich bringen sich AIMP und DDIM im Schulterschluss in die Gespräche vor Ort in Berlin ein.

 

Und sicherlich kann es nicht sein, dass Interim Manager mit Tagessätzen oberhalb von 1.000 Euro nicht selbst für ihr Alter vorsorgen (welcher Interim Manager täte um Himmels Willen denn so etwas?) – um sich dann im Alter frohgemut von der Allgemeinheit durchfüttern zu lassen…?

Belastungen des Rentensystems auf Dauer nicht zu stemmen

 

Damit sind wir aus meiner Sicht beim Kern der ganzen Sache: Die Belastungen, die auf das gesetzliche Rentensystem jetziger Prägung in den kommenden Dekaden zu kommen werden, sind nicht zu stemmen – wieder aus meiner ganz persönlichen Sicht: Zu viele Rentner müssen von zu wenigen Beitragszahlern zu lange (steigende Lebenserwartung) finanziert werden.

 

Weil man ungern die Beiträge dramatisch erhöht oder das Rentenalter nach hinten schiebt (beides wird dennoch kommen – noch immer: aus meiner ganz persönlichen Sicht), versucht man halt, neue Quellen zu erschließen. Und da ist es nur logisch, dass man diejenigen, die bisher von der Pflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung befreit waren, ins Visier nimmt.

 

Ich denke, es wird noch einiges diskutiert werden in dieser Sache. Vielleicht wird am Ende die private Altersvorsorge nachgewiesen werden müssen, wenn sich die Interim Manager weiterhin von der gesetzlichen Rentenversicherung befreit sehen wollen. Oder aber, und das ist ja auch nicht auszuschließen, wird ein wie auch immer großer Teil der Interim Manager sich gesetzlich versichern müssen. Vielleicht auch nur bei bloßen Vakanzen und nicht bei Projekten.

 

Dann wird sich der Tagessatz entsprechend erhöhen. Wir haben im AIMP grob überschlagen, dass das dann wohl etwa 58 Euro werden würden – vielleicht am einfachsten: 29 für den Kunden, 29 für den Interim Manager. Wohl auch kein Weltuntergang!

 

Bis dahin aber sind viele Unternehmen verunsichert. Sehen sich schweißgebadet von Razzien des Zolls heimgesucht auf der Fahndung nach gut getarnten, aber dennoch scheinselbständigen Helfern im Tagesgeschäft, von existenzgefährdenden Forderungen der Sozialbehörden erschüttert und mit mehr als einem Bein im geschlossenen Strafvollzug.

 

„Da mache mer besser ma nix!“

 

Und das ist das derzeit noch größere Problem:

 

Angst essen Interim Manager auf!

 

Kommentare

  • 01
    Siegfried Radu schrieb...

    Dem Interim Management wird gerade der Boden entzogen. Zum Gesetzesvorhaben
    im Dienstleistungsrecht:

    Es gibt im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) einen ganz einfachen Paragraphen 611 (Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag):

    (1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

    (2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

    Dieser Paragraph beschreibt, was Vertragspartner vereinbaren können. Doch er beschreibt nicht den Argwohn, den fürsorgliche und auf „Gerechtigkeit“ bedachte Politiker hegen. Denn, wer als selbständiger Vertragspartner auftritt, könnte z.B. einem Arbeitgeber im Rahmen eines Werkvertrags ermöglichen, durch geringere Lohnvereinbarungen den Tarifvertrag zu umgehen, die ansonsten im Angestelltenverhältnis üblichen automatischen Versicherungsleistungen (Renten, Kranken, Arbeitslose) nicht pflichtgemäß abführen. Der fürsorgende Staat möchte uns in eine Welt zwingen, die durch totale Kontrolle eine unflexible Arbeitsorganisation durchsetzen will.

    Da die meisten Menschen in unserem Land mit einem Arbeitsvertrag in sog. abhängige Beschäftigung eingebunden sind, für den im Zweifel ein Tarifvertrag gilt, sind diese von Änderungen im Dienstleistungsrecht nicht betroffen. Betroffen sind vielmehr die Experten, die ihre Kenntnisse in freier vertraglicher Vereinbarung mit Unternehmen an diese verkaufen möchten. Es gibt durchaus Leistungen, die Unternehmen entweder nicht selbst erbringen können oder wollen, die nur für eine bestimmte Zeit erforderlich sind oder die Unternehmen zukaufen wollen, um Anpassungen vorzunehmen. Die Entwicklung auf vielen Gebieten kann von einzelnen Unternehmen oft nicht vollzogen werden weil die notwendigen Fachkräfte fehlen oder weil man sich mangels kontinuierlichen Bedarfs nicht langfristig binden möchte. Sehr ausgeprägt ist dies z.B. im Bereich der Datenverarbeitung (IT).

    Alle diese Leute sind bestimmten Politikern ein Dorn im Auge. Schon lange. Doch jetzt sollen die Begrenzungsschrauben weiter angezogen werden. Der §611 BGB soll durch einen §611a BGB ergänzt werden. Doch das was hier vorgesehen ist, könnte einfacher durch ein Verbot von Dienstleistungsverträgen geregelt werden. Hier soll eine ganze Berufsgruppe, nämlich die selbständigen Dienstleister verboten werden.

    Das Dienstvertragsrecht soll dann ausgeklammert werden, wenn der Dienstleistende seine Arbeitszeit oder die Leistung oder den Arbeitsort nicht frei bestimmen kann, wenn er seine Leistung überwiegend in den Räumen eines anderen verbringt, wenn er zu seiner Leistungserbringung regelmäßig Mittel eines anderen nutzt, wenn er Leistung in Zusammenarbeit mit Personen erbringt, die von einem anderen eingesetzt oder beauftragt sind, wenn er ausschließlich oder überwiegend für einen anderen tätig ist, wenn er keine eigene Organisation unterhält, um die geschuldete Leistung zu erbringen (also freiberuflich tätig ist), wenn er Leistungen erbringt, die nicht auf die Herstellung oder Erreichung eines bestimmten Arbeitsergebnisses oder eines bestimmten Arbeitserfolgs gerichtet sind (also kein Werkvertrag, sondern ein Dienstleistungsvertrag vereinbart wird), keine Gewährleistung für das Ergebnis seiner Tätigkeit übernimmt oder wenn die Deutsche Rentenversicherung Bund das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses festgestellt hat (also Scheinselbständigkeit festgestellt wird). Worin unterscheidet sich dies von einem Verbot?

    Das alles ist doch Anlaß, die Abgeordneten massiv anzuschreiben. Suchen Sie Ihren Abgeordneten unter http://www.bundestag.de!

  • 02
    Anselm Görres schrieb...

    Wir brauchen mehr gegenseitiges Verständnis auf beiden Seiten. Auch der Sozialstaat braucht die mutigen Samurai, die ohne Sozialversicherungsnetz Risiken eingehen und für schnelle Ausbreitung neuer Künste sorgen.
    Aber auch der Samurai braucht den Sozialstaat, wie Jürgen richtig schreibt, weil er vielleicht in den fetten Jahren zu wenig gespart hat, musste ja immer kämpfen und weiterziehen.
    Und wenn er zB IT-Freelancer ist und man ihm mit 58 erzählt, dass er ja schon altersbedingt die neuesten Programmierskills und Softwares gar nicht mehr kennen kann?

  • 03
    nonojo schrieb...

    Das wahre Problem liegt noch viel tiefer.

    Auf einer „höheren“ Ebene für den gesamten deutschen Staatshaushalt, die Wirtschaftsentwicklung und das heutige System der Staatsverschuldung bei Banken:

    Seit Anfang des Jahres, also nur in etwas mehr als einem Monat, haben die Credit Suisse 40 Prozent an Aktienwert verloren, die UBS fast 30 Prozent, die Societe Generale 31 Prozent, die BNP Pariba 28 Prozent, die Citigroup mehr als 27 Prozent, die Bank of America fast 28 Prozent und Morgan Stanley fast 25 Prozent.

    Die grössten britischen Banken haben sagenhafte 52 Milliarden Euro an Aktienwert verloren. Standard Chartered 30 Prozent, Barclays 29 Prozent und HSBC 20 Prozent. Rekordhalter ist wie gesagt die Deutsche Bank mit 42 Prozent!

    8 Jahre nach den Lehmann-Brothers-Turbulenzen hat man sich schlicht weiter „durchgewurschtelt“ mit Derivaten, mit Zockerprodukten, mit „Bankenrettungen“, mit Beschwichtigungen……

    Mit dem Wissen und aktiven Handeln der Politiker, die sich gerne als Volksvertreter titulieren lassen.

    Bin gespannt, wie man jetzt diesen neuen Finanz-Tsunami zu bändigen gedenkt.

    Angst essen Banker auf!

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  • 05
    Hansjörg Müller schrieb...

    Kann eine Firma scheinselbständig sein? Wohl eher nicht, nur Menschen. Liebe Interimfreunde, gründet Firmen in Drittländern außerhalb unserer Bananenrepublik Deutschland (das bedeutet wohl BRD) und lasst die Verträge mit Kunden schließen. Eine bescheuerte Gesetzgebung verdient keine andere Antwort. Schreiben an die Abgeordneten bringt nichts außer Blasen an der Schreibhand.