Freitag 10. Juli 2015

EINE SCHEIDUNG NACH 35 GLÜCKLICHEN JAHREN

Fotograf_Juergen_Becker_fuer_MANATNET_Interim_Blog_Titel_Scheidung_nach_35_gluecklichen_JahrenSeit 1982 habe ich die Zeitung abonniert, die sich gern als eine der besten Zeitungen der Welt bezeichnet und hinter der nach eigenen Angaben sich stets ein kluger Kopf verbirgt.

 

Seit Tag eins der Bankakademie. Dem Tag, als der inzwischen verstorbene Leiter der Bankakademie, Siegfried Suda, uns ins Buch schrieb: „Kaufen Sie sich eine Aktie und eine gute Zeitung: Sie werden die Wirtschaft ganz anders verfolgen als ohne dies!“

 

Wie Recht er hatte!

 

Gut, inzwischen in den Zeiten des Internets angekommen, fragte ich mich durchaus hin und wieder, ob ich für Informationen tatsächlich 195 Euro (einschließlich e-Paper) im Quartal ausgeben müsste, also knapp 800 Euro im Jahr. Ich habe das dennoch stets beibehalten – wohl auch, gern gebe ich das zu, weil die Zeitung einfach zu mir gehörte. Und: Wer ist nicht gern ein kluger Kopf?

 

Im Urlaub möchte ich die Zeitung jedoch nicht lesen. Ein Spleen vielleicht, vielleicht aber auch nur, weil dies meinen gewohnten Tagesablauf gleich frühmorgens bricht – ebenso wie der morgendliche Weg am Watt entlang zum Brötchenholen.

 

Daher pflege ich die Lieferung meiner Zeitung für die beiden Urlaubswochen zu unterbrechen. Und nein, ich möchte keine Gutscheine, keine Nachsendung und auch keine Spende (meiner Zeitung) an wen auch immer.

 

Das klappte seit Jahrzehnten problemlos.

 

Gibt mir Deine Kohle – das reicht völlig!

 

In diesem Jahr – wir Kunden machen das ja inzwischen im Internet selbst im Servicebereich (!) der Zeitung – in diesem Jahr lese ich erstmals:

 

„Bitte beachten Sie, dass wir für den Unterbrechungszeitraum keine Gutschrift erteilen können.“

 

Ups!

 

Erster Reflex: Du hast Dich verlesen!

 

Nein!

 

Zweiter Reflex: Das ist aber mal innovativ: Da will eine mein Geld, ohne mir etwas dafür zu geben!

 

Ich schreibe an den Service der Zeitung – einen Ansprechpartner finde ich nicht:

 

„Sehr geehrte Damen und Herren,

 

habe ich das richtig auf Ihrer Website gelesen: Sie wollen mir keine Gutschrift für den Unterbrechungszeitraum erstellen?

 

Mit freundlichem Gruß

 

Jürgen Becker

Manager Network GmbH“

 

Die Antwort kommt vergleichsweise schnell:

 

„Sehr geehrte Damen und Herren,

 

vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben uns zu schreiben.

 

Mit unserem Online-Service können Sie fast alles rund um Ihr Abonnement organisieren und profitieren von exklusiven Angeboten und Gewinnspielen. Um Ihnen auch bei einer Unterbrechung der Zeitungslieferung die Möglichkeit zu geben, sich stets aktuell zu informieren, können Sie zwischen verschiedenen Services wählen.

 

Gerne senden wir Ihnen beispielsweise die gedruckte Ausgabe an Ihren Aufenthaltsort nach oder stellen Ihnen Gutscheine für den kostenfreien Bezug Ihrer Zeitung im Handel zur Verfügung.

 

Wir haben Ihnen inzwischen aus Kulanz eine anteilige Gutschrift ab dem 13. Tag Ihrer Lieferunterbrechung erteilt.

 

Können wir noch etwas für Sie tun? …“

 

Okay, die Website der Zeitung kennt meinen Namen – der Service halt eben nicht. So etwas erschüttert mich schon lang nicht mehr.

 

Kulanz, die zu Verärgerung führt

 

Die Gutschrift aus Kulanz erschütterte mich umso mehr?

 

Ich vermutete einen Fehler auf meiner Seite: Vielleicht hatte ich versehentlich zwei Monate statt zwei Wochen eingepflegt. Aber nein: Ich wollte für 14 Tage unterbrechen – und die Zeitung erteilt mir aus Kulanz eine Gutschrift ab dem 13. Tag.

 

Die haben das tatsächlich gemacht – und mir 2,17 Euro (!) gutgeschrieben. Allerdings in der Abschlussrechnung. Denn auf diese Kulanz hin hatte ich mein Abo gekündigt.

 

Keine Reaktion. Man verweigert sich, mir für 14 Tage gut 30 Euro gutzuschreiben – und verliert damit jährlich fast 800 Euro.

 

Derzeit bemühen sich andere gute Zeitungen um mich und bieten 150 Euro Cash – nur damit ich deren Bladl abonniere! Das soll einer verstehen!

 

Kaum zu glauben, aber so etwas gibt es tatsächlich im Leben:

 

Eine Scheidung nach 35 glücklichen Jahren.