Freitag 21. Juni 2013

AGENTUREN: LETZTLICH WOHL DOCH NICHT SO SCHLECHT!

Quelle: www.piqs.de © Fotograf: D. Sharon Pruitt – Titel: Eye Surprise

In meinem Interim Management-Blog habe ich das noch nie gemacht: Heute mache ich es!

 

Ich antworte in meinem Interim-Blog auf einen Beitrag in einem Blog für Freelancer. Dieser andere Blogeintrag ist überschrieben „Das passt mir an Recruiting Agenturen nicht“ – ein Gastbeitrag von Robert Flachenäcker, veröffentlicht im Blog von Timo Bocks 4freelance.

 

Herr Flachenäcker richtet seinen Beitrag an „Liebe Kolleginnen und Kollegen, Agenturen…“. MANATNET gilt in diesem Markt als Agentur. Daher fühle ich mich angesprochen – und deshalb regiere ich heute.

 

Herr Flächenäcker unterteilt seinen Text in fünf Blöcke: Ich empfehle, jeden Block im Original zu lesen, weil ich darauf eingehen werde:

 

1. Die Margen sind zu hoch:

 

Nun ist es ein hoffnungsloses Unterfangen, zu erwarten, dass derjenige, der zahlen soll, die Margen als „zu niedrig“ bezeichnen würde. In dem wirtschaftlichen Rahmen, in dem wir leben, versuchen – welche Erkenntnis! – beide Parteien, für sich das Beste zu erreichen: Der Kandidat möchte möglichst wenig abgeben, die Agentur möchte möglichst viel erhalten. In einer partnerschaftlichen Ausrichtung werden sich beide Parteien exakt in der Mitte treffen. Weshalb? Weil sich dann keiner als Verlierer oder übervorteilt fühlt.

 

Nun stellt Herr Flachenäcker fest (!), „10 bis 15 % Marge reichen aus“ – begründet wird die Feststellung jedoch in keiner Weise. Die Betriebswirte unter uns werden zudem darauf hinweisen: Eine Spreizung innerhalb der Marge von 33 oder 50 Prozent – je nach Betrachtungsweise. Ein Schuss ins Blaue?

 

Ich kann aus eigener Erfahrung sagen: Sie können als Agentur letztlich mit 15 Prozent hinkommen, wenn Sie den eigenen Laden beinhart auf Effizienz getrimmt haben. Ich überlasse es meinen Lesern, zu werten, welche Agenturen sie als beinhart effizient aufgestellt ansehen.

 

Sobald Sie aber auf den Feldern Qualität, Technologie und Innovation führend sein wollen, geht das nicht mehr. Auch hier weiß ich, wovon ich rede!

 

2. Recruiter geben wenig und nehmen viel:

 

Herr Flachenäcker kritisiert, Agenturen seien keine „Vertriebspartner für uns, sondern nur für sich“. Mit Verlaub, Herr Flachenäcker: Hier irren Sie gewaltig! Agenturen „vertreiben“ ausschließlich „Euch“, die Leistungserbringer, und niemals „sich“ selbst! Ich habe noch keinen Kunden erlebt, der die Agentur „kaufen“ wollte, dafür wollten alle ausnahmslos Interims Manager „kaufen“. Und: „Verhökern“ lassen sich die Kunden ohnehin nichts – zumindest nicht die, die ich kenne.

 

Ebenso sicher ist es jedoch, dass eine Agentur, wenn sie denn professionell unterwegs ist, niemals Sie als Individuum „verkaufen“ wird, sondern stets nur als Teil wie auch immer gearteter Gruppen von Kandidaten vergleichbarer Qualifikation. Nur dann, wenn Sie der Einzige sind, der die geforderte Qualifikation mitbringt oder verfügbar ist, wird das anders sein – und die Agentur wird ihren Kunden darauf hinweisen.

 

Auf eine „Garantie“ zu hoffen, ist mutig – aber Sie deuten ja an, dass Ihnen das „viel Geld wert“ sei. Das werden Sie auch brauchen! Eine Garantie – in welchem Geschäft auch immer – wird es niemals kostenlos geben, weil Ihnen ein Dritter ein Risiko abnimmt, das Sie selbst nicht tragen wollen. Zudem meldet sich eine hintere Ecke in meinem Hirn: „Welche Auswirkungen hätte das auf den Tatbestand der Scheinselbstständigkeit?“

 

Zudem stelle ich mir die Diskussionen mit den Kunden vor: „Nein, Sie können nicht Kandidat X wählen! Sie müssen den Kandidaten A nehmen, denn ich hab dem eine Garantie gegeben!“ Es kann gut sein, dass Sie dann auf einen recht verstörten Gesichtsausdruck gegenüber treffen werden.

 

3. Knebel- und Ausschlussverträge:

 

Herr Flachenäcker schreibt: „Ein normaler Mensch kann einen Vertrag mit einer größeren Agentur eigentlich nicht schließen.“

 

Ich frage: „Herr Flachenäcker, weshalb tut ein normaler Mensch das dann – und boykottiert das nicht?“ Wo doch die eigene Freiheit ein, wenn nicht sogar der wesentliche Motivator für die Selbstständigkeit ist.

 

Ein nettes Gedankenspielchen: Was wäre, wenn alle Kandidaten solche Verträge boykottierten? Was wäre, wenn der komplette deutsche Markt dem (angelsächsischen) MANATNET-Modell folgte: Die Interim Manager erhalten das komplette Honorar vom Kunden und geben dann den MANATNET-Anteil ab – und das auch nur dann, wenn Cash tatsächlich geflossen ist?

 

4. Recruiter sind oft nicht in der Lage zu erkennen, was ihre Kunden wirklich benötigen:

 

Hier hat Herr Flachenäcker Recht. Für diese Schwäche gibt es jedoch ganz offensichtliche Gründe: Schauen Sie sich an, wer das „Recruiting“ in den Agenturen macht. Wie alt sind die Mitarbeiter? Welche Berufserfahrung bringen sie mit – außerhalb der Agentur-Szene? Wie viele Unternehmen oder Unternehmensbereiche haben sie selbst geführt?

 

Hinzu kommt: Auch auf Seiten der Kunden spielen nicht in jedem Fall die „Seniors“ mit, sondern Mitarbeiter, die oftmals nur die Kriterien (vulgo Texte) der Fachabteilung durchreichen. Eine professionelle Agentur wird deshalb oftmals zurück in die ersten Stufen der Prozesskette mit dem Kunden gehen, bevor Gespräche „auf Augenhöhe“ oder gar kritisch hinterfragende Beratung des Kunden überhaupt möglich sind.

 

Das erklärt aber nur zum Teil, weshalb die Kandidaten oftmals (und nicht hin und wieder) Projektanfragen erhalten, für die sie der falsche Kandidat sind.

 

Die Gründe sind auch hierfür ganz simpel: Schlechte Datenbanktechnik und schlecht gepflegte Datenbankinhalte.

 

Schlechte Datenbanktechnik können Sie einfach durch gute Datenbanktechnik ersetzen. Okay, Sie müssen viel Zeit investieren und obendrein viel Geld: Auch hier weiß ich, wovon ich rede. Mehr jedoch müssen Sie nicht machen. Ach ja, doch: Die 10-15 % Marge überdenken….

 

Schlechte Datenbankinhalte sind letztlich Sache der Kandidaten. Ja, ich meine das tatsächlich so, denn dies ist eine Bringschuld der Kandidaten! Immerhin reden wir hier von den „Verkaufsunterlagen in eigener Sache“. Je besser diese Unterlagen, je besser die Ergebnisse jeder Datenbankabfrage. Denn das GIGO-Prinzip ist unverändert gültig: Garbage in – Garbage out!

 

Eine gute Agentur wird ihre Partner-Kandidaten aber stets darauf hinweisen, dass die Unterlagen dabei sind, zu veralten. Und vielleicht wird sie das auch sogar dreimal machen, wie MANATNET. Dann aber, sollte dies alles ergebnislos verlaufen, auch die Geschäftsverbindung mit einem solchen Kandidaten kündigen.

 

Mit Schrotkugeln hat dieser Ansatz jedoch rein gar nichts gemein.

 

5. Verkaufen statt vermitteln.

 

Auch hier stimme ich Herrn Flachenäcker weitgehend zu. Ich kenne selbst genügend Markteilnehmer, die ganz offen von „Kandidaten einkaufen“ sprechen – eine Nebelkerze für „die Kandidaten im Tagessatz drücken“.

 

Auch hier, wie bei den Verträgen, gilt: Weshalb akzeptieren die Kandidaten das? Sie können doch ihre Zusammenarbeit auf Agenturen beschränken, die von Beginn an sagen, welchen Anteil sie berechnen werden. Hierzu gehört MANATNET – mit 25 oder eben den anfangs genannten 15 %.

 

Unterm Strich danke ich Herrn Flachenäcker für seinen Beitrag, weil er mir die Gelegenheit gibt, eine etwas differenziertere Sicht darzustellen. Jedem bleibt es selbst überlassen, welcher Sichtweise er eher zuneigt.

 

Offen bleibt jedoch die Frage: „Wenn Ihnen das an Recruiting-Agenturen alles nicht passt: Weshalb arbeiten Sie dann mit denen zusammen?“

 

Ein einfach gestrickter Geist wie meiner findet dafür nur eine überzeugende Antwort:

 

Agenturen: Letztlich wohl doch nicht so schlecht!

 

Kommentare

  • 01
    Robert Flachenäcker schrieb...

    Danke dass Sie darauf verweisen, dass mein Beitrag im Original gelesen werden sollte. Meine Behauptung, dass 10-15% Marge reichen, stütze ich unter anderem auf die Tatsache, dass es seit Jahrzehnten einige Recruiter gibt, die damit hervorragend leben – alles schlechte Rechner ? Wohl kaum !
    Gerade gestern telefonierte ich mit dem Vorstand einer großen Recruitingagentur. In diesem Telefonat bestätigte mir der Herr meine Einschätzung, dass Recruitingagenturen in der Regel reaktiv auf Kundenanfragen reagieren und eben nicht aktiv Akquise mit ihren Profilen betreiben.
    Insofern ist es für uns Freiberufler kein Mehrwert.
    Zu den Verträgen: Ich mache das so – ich unterschreibe tatsächlich nicht jedes als „Fairen Vertrag auf Beiderseitigkeit“ getarntes Buch.
    Übrigens: Auch hier gibt es Recruiter, die mit wenig Papier auskommen. Alles schlecht beratene Leute ? Ich habe sie bisher ebenfalls als Profis wahrgenommen.

    Mit herzlichem Gruß
    R.Flachenäcker
    Solveidos Coaching & Beratung
    Der Profi für nachhaltige Veränderungen