
Interim Management ist kein Geschäft für Amateure: Das war es nie – aber heute, in einer Welt, die sich enorm und schnell ändert, ist es das ganz sicher nicht mehr.
„Ehe ich gar keinen Job habe, mache ich lieber Interim Management!“ Diese Fata Morgana begleitet mich, solange ich im Interim Business bin. Seit 2003 also.
Welch eine Fehleinschätzung!
Welch eine intrinsische Abwertung des Interim Managements als Notlösung, wenn denn dann gar nichts mehr geht!
„Ehe ich gar keinen Job habe, mache ich lieber Interim Management! Aber 1.500 Euro am Tag müssen´s dann schon sein, gell!?“
Himmel hilf!
Worauf gründen derartige Bilder im Kopf der Menschen?
Ich weiß es wirklich nicht, aber sie sind so falsch, wie sie nur eben sein können.
Die harte Wahrheit lautet typischerweise: „Wenn Sie keinen Job in Festanstellung mehr bekommen, dann bekommen sie im Interim Management erst recht nichts!“
Im Interim Management müssen Sie auf sich gestellt erst überzeugen und dann leisten. Ohne Support, ohne Stäbe oder was weiß ich was. Hier zählt nur, was Sie können und welche Bedeutung genau das für die Aufgabenstellung Ihres potentiellen Kunden hat.
Glauben Sie nicht? Dann lesen Sie mal, was Marco Behnke bei LinkedIn so schreibt. Und entscheiden Sie dann in aller Ruhe, ob Sie sich auf der Stelle entleiben – oder noch ein wenig hinwarten möchten.
Ich habe in den vergangenen Tagen an vier Erstgesprächen für ein tapferes Mandat teilgenommen. In jedem Gespräch – ausnahmslos in jedem! – hat der Entscheider gefragt: „Beschreiben Sie uns doch bitte mal ganz genau und im Detail, was Sie persönlich an dieser Stelle geleistet haben! Nicht Ihr Team, nicht Ihr Stab oder sonst irdendjemand“
Wer das nicht begriffen hat, geht schweren Zeiten entgegen.
Wenn Sie´s begriffen haben, dann steht Ihnen der Markt grundsätzlich offen – aber Sie machen sich das Leben ganz sicher schwer und reduzieren Ihre Erfolgsquote dramatisch, wenn Sie auf die folgenden Don´ts nicht genau achten, denn das tut „man“ schlichtweg nicht!
6 klassische Don’ts, die Sie als Interim Manager unbedingt vermeiden sollten
„Mensch, Becker: 6! Da gibt´s noch sehr viele mehr!“, werden jetzt Insider der Szene einwenden. Ja, sicher. Aber ich schreibe ein Blog – und keine Enzyklopädie! Das hier sind die Big Points. Meine ganz persönlichen Big-Points:
(1) Ihre Daten verstauben lassen: Historiker lieben alte Daten: Unternehmen nicht! Im Unternehmen sind sie weitgehend unerheblich (von besonderen Situationen abgesehen). „Wir sind heute mitten im Jahr 2025, aber Ihre Unterlagen sind von 2022!“ „Die sind noch aktuell!“ Ein solcher Satz, ein solches Denken ist in Zeiten von Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz eine brachiale Disqualifizierung, von der Sie sich nicht mehr erholen werden.
(2) Provider zuspammen „Ich bin ab 1. Juli wieder verfügbar. Bitte berücksichtigen Sie mich bei entsprechenden Projekten. Beigefügt mein aktueller CV.“ Knapp – immerhin sind wir im Interim-Business! – und an alle Provider, die man mühsam im Web oder – einfacher! – im Directory von UNITEDINTERIM gefunden hat. So können Sie natürlich auch Ihre Partner betreuen, von denen Sie erwarten, dass Sie Ihnen monatlich 30.000 Euro auf Ihr Konto spülen – und das irgendwo um 9 Monate lang. Denn: Schäferhunden wirft man ja auch gern die Knochen zu.
(3) Ihren Kunden zutexten: „Lassen Sie mich mit dem Wichtigsten zu meiner Person beginnen…“ Und dann beginnt ein über Minuten dauernder Monolog. Der Kunde holt sich derweilen ein gutes Buch – bis er dann irgendwann entnervt unterbricht. Ein Kunde reagierte knallhart: „Ich habe von Herrn Becker Ihre Unterlagen erhalten. Unterstellen Sie tatsächlich, dass ich das nicht gelesen habe und unvorbereitet in das Gespräch mit Ihnen gehe?“ Das folgende Schweigen war sehr laut. Für alle, die´s immer noch nicht wissen: Eine der mächtigsten Fragen ist die Quittungsfrage: „Sie haben meine Unterlagen erhalten: Gibt es etwas, das Sie darüber hinaus wissen möchten – oder sollen wir gleich in medias res gehen…?“
(4) Erbsen zählen: Im Erstgespräch. Der Kunde läuft Gefahr, dass ihm ein Geschäftsbereich abschmiert. Sie haben das Gespräch ganz passabel hinter sich gebracht, anderenfalls würde Ihnen der Kunde nicht die Tür zu zusätzlichen Informationen öffnen: „Haben Sie weitere Fragen?“ „Wie ist das eigentlich mit dem Kilometergeld? Ich erwarte schon mindestens 75 Cent…!“ Tilt. Game over!
(5) Champagner fordern – aber stilles Wasser liefern: Hier meine ich die Phase vor dem Erstgespräch – nicht Ihre Arbeit während des Projektes. Wenn Sie auch nur den vom AIMP kommunizierten durchschnittlichen Tagessatz von 1.338 Euro erwarten, dann bedeutet das für den Kunden eine Rechnung von fast 27.000 Euro – ohne Spesen.
Glauben Sie mir: Für den typischen Mitarbeiter im Unternehmen ist das eine astronomische Summe – und auch alle Mittelständler, die ich kenne, zucken deutlich. Ich kenne jedoch fatalerweise nur eine Handvoll Interim Manager und Managerinnen – lassen Sie´s zwei Hände voll sein … –, deren Vertriebsunterlagen von Beginn an dieses den Sternen nahe Level ausstrahlen. Diesen hohen Wert, den der Kunde dort erwarten darf.
Sehr viel typischer hingegen treffen wir statt auf „Vertriebsprospekte in eigener Sache“ auf CVs, Lebensläufe oder „Profile“, die der Antike entstammen könnten: „Geboren am 21. Januar 1957 in Essen als Sohn des Bankdirektors Kurt H. Becker und der Hausfrau Helga Becker (geb. Driewer). Himmel hilf! Jedoch scheint der Himmel seit nunmehr bald einer Dekade andere Prioritäten zu haben, wie mein Blog aus längst vergangenen Zeiten nachweist: Interim Manager, Euer Lebenslauf ist eine Qual!
(6) Absolutistisch denken: „1.350 Euro am Tag. Darunter mache ich es nicht!“ Natürlich: An irgendeinem Punkt entscheide auch ich, dass das vorliegende Angebot wirtschaftlich nicht sinnvoll ist. Aber diese kompromisslose Einstellung ist in keiner Weise partnerschaftlich. Dann drehen sich jedoch viele dieser Menschen um, faseln bei jeder sich bietenden Gelegenheit von „Win-Win“-Situationen – Achtung: die ersten haben inzwischen eine „Win-Win-Win“-Dreifaltigkeit entdeckt! – und machen mich rund, weil ich als Eigentümer von UNITEDINTERIM nicht ohne 49-Euro-Entgelt (p.m.) für sie arbeiten möchte. Es lebe der Egoismus! Es lebe die Egozentrik!
Diese sechs Verhaltensmuster werden Sie bei Interim-Professionals nicht finden. Wenn Sie also dazugehören wollen, dann vermeiden Sie sie unbedingt.
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